Wiener Walzer – Geschichte und Geschichten

Johannes Biba, Wien © 2000 (Überarbeitung Martin Branc, Wien © 2021)

Paarweise getanzte Drehtänze sind in den Alpenländern seit dem 12. Jahrhundert bekannt. Die älteren Beschreibungen sprechen hier von „erotischen“ Werbe-Drehtänzen. 1525 taucht dafür der Name „Walzer“ auf. 1783 werden in Heilbronn (D) Walzer-Wettbewerbe veranstaltet, aber die Damen dieser Stadt wollen nicht teilnehmen. 1797 unterscheidet der Berichterstatter in einem Breslauer Journal zwischen „Wiener Walzer“, der in „wilder Raschheit“ getanzt wird und „gewöhnlichem Walzer“, der langsamer ist. 1815 tanzt man auf dem Wiener Kongress Walzer („Der Kongress tanzt“). 1835 wird Johann Strauß Vater Kaiserlicher Hofballdirektor in Wien.

um 1900 Die ersten Tanzturniere: Die ersten Tanzturniere werden in England und Paris ausgetragen. Tanze: Wiener Walzer, One-Step, Two-Step, Boston. Später kommen hinzu: Slowfoxtrott, Quickstep und Tango. – Aus der Verschmelzung von Wiener Walzer und Boston entsteht der Langsame Walzer (=“English Waltz“)

1911 (1912?) int. kein Wiener Walzer: Der Wiener Walzer wird aus dem internationalen Programm der Turniertänze gestrichen. Der langsame Boston hat ihn verdrängt.

1918 In Österreich mit Wiener Walzer: 8. August: Erstes Tanzturnier in Wien. Entgegen der internationalen Gepflogenheit inklusive Wiener Walzer. Somit wird hier erstmals der Wiener Walzer sportlich getanzt. In den folgenden Jahren wird fast nur in Österreich der Wiener Walzer als fester Bestandteil der fünf Standardtänze (=Langsamer Walzer, Tango, Wiener Walzer, Slowfoxtrott, Quickstep) gesehen.

1928 Erstes Tanzturnier in Graz, ebenfalls mit Wiener Walzer

ca. 1930 Österreicher choreografiert: Der Österreicher Karl von Mirkowitsch (Graz) entwickelt die Choreografie des Wiener Walzers (d.h. welcher Schritt mit Ferse, welcher mit Ballen angesetzt wird; wie weit auf jedem Schritt gedreht werden muss; …). Damit wird der Wiener Walzer einheitlich wertbar.

30er-Jahre Österreich dominiert: Als int. anerkannte Wiener-Walzer-Trainings-Experten gelten: Kopetzky (Wien), von Schlesinger (Linz), von Mirkowitsch (Graz). Für ihren außerordentlich schwungvollen Wiener Walzer und dem perfekten „Fleckerl“ waren damals die bekanntesten Turnierpaare: Ehepaar Skalka (Wien) und Becic/van Rustenberg (Jugoslawien).

1934 erste Wiener-Walzer-„WM“: In Wien ist erstmals eine „Weltmeisterschaft“ im Wiener Walzer.

1938 in Deutschland auch Wiener Walzer: Nach dem „Anschluss“ Österreichs wird der Wiener Walzer in das deutsche Turnierprogramm aufgenommen.

1951 Österreicher & Deutscher verbessern Choreografie: Paul Krebs (Nürnberg) lädt Karl von Mirkowitsch (Graz) zu sich ein und entwickelt mit ihm die Choreografie zu sportlich klarerer und besser wertbarer Form weiter.

1967 erste Wiener-Walzer-Konkurrenz: Die erste Wiener-Walzer-Konkurrenz findet in Wien statt.

1968 Vorschlag: mehr Figuren: Len Scrivener (ENG) wendet sich in einem Brief gegen die Reduzierung des Wiener Walzers auf Rechts- und Linksdrehung, schlägt mehr Figurenvariationen vor und beruft sich auf europäische Tänzer, die „extra figures“ tanzen.

1997 Diplomarbeit an der Universität: Seit Jahren befasst sich der Wiener Ing. Angelo Volpe ausführlich mit der Technik des Wiener Walzers. 1997 schreibt er eine Diplom-Arbeit am Institut für Sportwissenschaften der Universität Salzburg über die Technik und Choreografie des Wiener Walzers.

2000 Wiener Walzer Ursprung des TanzSports: Der Engländer Harry Smith Hampshire stellt in einem Kommentar in der englischen Zeitung „Dance News“ (Nr. 1685) die Überlegung an, dass der Wiener Walzer als Ursprung des TanzSports des 20. Jahrhunderts angesehen werden kann. Er bedauert weiters, dass England dem Wiener Walzer nicht genauso Beachtung geschenkt hat, wie den anderen vier Standardtänzen.

2002 zusätzliche Figuren erlaubt: Am 12. Jänner entscheidet das Präsidium der International DanceSport Federation, IDSF, dass ab sofort bei allen IDSF-Turnieren zusätzlich folgende Figuren im Wiener Walzer getanzt werden dürfen: Spin, Natural Pivot, Reverse Pivot, Left Whisk.

Zur Geschichte der Wiener-Walzer-Konkurrenz

Die erste Wiener-Walzer-Konkurrenz fand am 18. Februar 1967 statt, anlässlich der Feiern „100 Jahre Wiener Walzer“. Damals waren 40 Paare am Start. Das war auch die Zeit, wo die Diskussionen, ob der Wiener Walzer in das internationale Programm der Standardtänze bei Turnieren aufgenommen werden soll, ihren Höhepunkt hatten.
Die Idee zu diesem Bewerb stammte vom damaligen Präsidenten des Österreichischen Tanzsport-Verbandes, Herrn Dir. Alfred Gruber (Wien). Er konnte auch die Stadt Wien dafür begeistern. So fördert das Kulturamt der Stadt Wien seither diese Wiener-Walzer-Konkurrenz.
Seit 1970 ist der Streit um den Wiener Walzer beigelegt. Er wurde vom internationalen Tanzsportverband als fixer Bestandteil der Standardtänze vorgeschrieben.
Seit 1993 ist die Wiener-Walzer-Konkurrenz international offen ausgeschrieben. Zum Gedenken an Dir. Gruber erhält das beste österreichische Paar einen Wanderpokal.

Die Sieger der letzten Jahre:

1967
Heinz + Helga Kern-Theißl
Graz
1968Heinz + Helga Kern-TheißlGraz
1969Heinz + Helga Kern-TheißlGraz
1970Angelo + Helga VolpeWien
1971Wolfgang Nemec + Susi MacekWien
1972Gunter + Christa WiaterWien
1973Gunter + Christa WiaterWien
1974Gunter + Christa WiaterWien
1975Gunter + Christa WiaterWien
1976Angelo + Helga VolpeWien
1977Angelo + Helga VolpeWien
1978
Peter + Ruth Pfluger
Wien
1979Peter + Ruth PflugerWien
1980Peter + Ruth PflugerWien
1981
Michael Herdlitzka + Karin Schlüter
Klagenfurt
1982Peter + Ruth PflugerWien
1983Michael Herdlitzka + Karin SchlüterWien
1984Michael Herdlitzka + Karin SchlüterWien
1985Manfred Stiglitz + Sylvia HahnWien
1986Manfred Stiglitz + Sylvia HahnWien
1987Manfred Stiglitz + Sylvia HahnWien
1988Manfred Stiglitz + Sylvia HahnWien
1989
Helmut + Irene Hanke
Wien
1990Helmut + Irene HankeWien
1991Helmut + Irene HankeWien
1992Manfred Zehender + Michaela HeintzingerWien
1993Alexander Melnikov + Irina SolomatinaRussland
1994Manfred Zehender + Michaela HeintzingerWien
1995Manfred Zehender + Michaela HeintzingerWien
1996
Christian Krenthaller + Agnes Twaroch
Wien
1997Christian Krenthaller + Agnes TwarochWien
1998Christian Krenthaller + Agnes TwarochWien
1999Christian Krenthaller + Agnes TwarochWien
2000Christian Krenthaller + Agnes TwarochWien
2001
Florian Gschaider + Manuela Stöckl
Sbg
2002Florian Eisenmagen/Elisabeth SchattenWien
2003Michael Gmoser + Kerstin Gmoser-DanzerWien
2004
Roman Mayer + Siret Siilak
Graz
2005Roman Mayer + Siret Siilak Graz
2006Roman Mayer + Siret Siilak Graz
2007Roman Mayer + Siret Siilak Graz
2008Roman Mayer + Siret Siilak Graz
2009Vadim Shurin + Ekaterina VolginaRussland
2010
Vladimir Slon + Bianka Zubrowska
Wien
2011
Vladimir Slon + Katarzyna Kapral
Wien
2012Vadim Shurin + Anastasia MeshkovaRussland
2013
Vadim Garbuzov + Kathrin Menzinger
Niederösterreich
2014Virgiliu Bumbu + Kamila SakowskaWien
2015Vasily Kirin + Ekaterina ProzorovaWien
2016Klemens Hofer + Barbara WestermayerWien
2017Klemens Hofer + Barbara WestermayerWien
2018Klemens Hofer + Barbara WestermayerWien
2019Klemens Hofer + Barbara WestermayerWien
2020 Ausfall durch Corona-Pandemie
2021 Ausfall durch Corona-Pandemie

Als Quellen für diesen Abschnitt über den Wiener Walzer dienten:
* „Tanzen weltweit“, Kastell Verlag, München 1995
* DTV-Archiv, Hans-Joachim Schäfer
* Das Privatarchiv von Frau Ingrid Mayer
* Das Privatarchiv von Frau Christa Wiater
* Das Privatarchiv von Johannes Biba
* Sammlung G. Humhej im Archiv W. Pribil
* Das Buch: „Bernhold, Beat und Bossa Nova“ (Friedrich E.v. Garnier, München 1972),
* Gespräche mit Zeitzeugen